Zu lange Geige zu üben ist anstrengend, zu wenig bringt dich aber nicht weiter. Kennst du das Dilemma der optimalen Übedauer? Warum du dich nicht an festen Zeitangaben orientieren sollst und warum eine flexible Formel die beste Alternative ist, die wirklich jeder anwenden kann, lernst du hier.
Brich mit fixen Vorgaben!
„ Übe täglich drei Stunden!“
„ Eine Stunde reicht völlig.“
„Unter sieben Stunden täglich ist alles unseriös.“
Wurdest du mit solchen Weisheiten auch schon mal beraten? Es gibt mit ihnen in meinen Augen zwei gravierende Probleme:
- Das Geigeüben muss jeder von uns in die 24 Stunden, die wir nun mal alle haben, unterbringen. Schule, Studium, Familie, Arbeit – und und und. Wir haben viele andere wichtige Sachen zu tun. Die wenigsten können sich täglich 6 Stunden zum Üben freihalten. Es ist einfach nicht lebensnah.
- Wir und unsere Ziele sind nicht gleich. Während viele als Hobby spielen, möchten andere Berufsmusiker werden.
Wie um Himmels Willen sollte da bitte theoretisch eine Standardempfehlung für alle funktionieren?
Finde stattdessen die für dich persönlich perfekte Übedauer selber! Bevor wir zur felxiblen Formel kommen, bitte ein paar Gedanken hinterfragen.
Endlich mit einem schädlichen Übemythos aufräumen
Dass mehr Übezeit automatisch und garantiert zur Verbesserung führt, ist eine gigantische aber leider gängige Fehleinschätzung. (Hier erzähle ich von 8 Übefehlern, die ich früher selbst gemacht habe.)
Warum stimmt es in dieser Form nicht? Z.B. willst du dein bisheriges einstündiges Üben auf drei Stunden pro Tag aufstocken. Die zwei zusätzlichen Stunden können nur dann merkbare Fortschritte bringen wenn du die gesamte – oder einen möglichst sehr hohen Anteil der – Übezeit strukturiert und effizient nutzst. Völlig unabhängig von Spielerfahrung und -niveau.
Nur dann hilft es, länger zu üben. Wie du strukturiert und effizient Geige/Bratsche übst, lernst du hier.
Andernfalls kommt es zu Leerläufen und vielleicht ist es ja ganz nett, länger zu spielen, aber du wirst auch nicht so viele bzw. so deutliche Forschritte merken. Dann ist es aber keine Überraschung, dass du dich frustriert, enttäuscht fühlst. „Ich hab mich ja bemüht.“ Und nächstes Mal stehst du verständlicherweise nicht unbedingt viel motivierter vor deinem Geigenkasten…
Aber ohne viel Üben kann man doch gar nicht besser werden, oder?
Richtig. Und das ist die Kehrseite der Geschichte, die auch stimmt. Die perfekte Übedauer soll also nicht zu lang und nicht zu kurz sein.
Du siehst, man steckt schnell in der Zwickmühle zwischen den zwei Extremen.
Nur eine trockene, objektive Zeitangabe definieren zu wollen wird nicht sehr viel helfen. Suche stattdessen nach einer Zeitspanne, in der du persönlich maximal konzentriert arbeiten kannst. Nicht dein Lehrer oder ein Freund. Du, mit deinem Alltag und mit deinen Zielen.
Moment – warum muss das Üben unbdedingt so konzentriert sein?
Das alles oben mag etwas militant klingen, aber seien wir ehrlich. Alle haben wenig Zeit und viel zu tun, oder?
- Ist Geigenspiel deine Leidenschaft? Dann übst du vermutlich nach der Arbeit erstens schon relativ müde. Zweitens wirst du auch noch andere Pläne und To Dos haben und nicht die ganze verbleibende Zeit des Tages zum Spielen verfügbar haben. Phasenweise findest du vielleicht gar keine Zeit zum Üben. Ausserdem tut es deiner Motivation gut, immer wieder Entwicklungen zu merken. Und die kommen meistens nicht, wenn man Stücke nur gemütlich durchspielt oder wiederholt.
- Bereitest du dich mit der Geige auf ein Instrumentalstudium vor? Dann bist du dir auch schon im Klaren, dass du um ein grosses Repertoire in kurzer Zeit erlernen zu können oder gar technische Umstellungen zu schaffen unbedingt eine effiziente Art zu Üben brauchst.
- Bist du schon mitten im Musikstudium? Dann weisst du erst recht dass die Zeit immer knapp ist und man aus jeder Minute das Maximum herausholen muss.
Wenig Zeit soll nicht sofort stressen
Eine Spur Zeitdruck tut der Konzentration und der Effizienz beim Geigeüben richtig gut. Davon berichten viele erstaunt und das gleiche habe ich in meiner – doch 29 Jahre alten Übegeschichte – ebenso festgestellt. Also das Gefühl, dass die Übezeit irgendwann mal vorbei ist und das Instrument eingepackt wird. Steht der ganze Tag hingegen zum Üben zur Verfügung, verliert man sich viel leichter. „Man hat ja eh schön viel Zeit.“
Wie lange täglich Geige üben? Die perfekte Antwort…
Nach allen diesen Überlegungen zeige ich dir die einfach beste Formulierung:
So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Das kann 45 Minuten aber auch fünfeinhalb Stunden bedeuten. Aber wie meine ich das?
So lange üben, dass die Zeit für alle Übungen, Etüden und Stücke, die du dir für die jeweilige Übeeinheit vornimmst, ausreicht. Diese Zeitspanne aber so knapp wie möglich halten, sodass das Üben fokussiert bleibt.
Der enorme Vorteil dieser Formel ist eben die Flexibilität. Jeder kann es für sein eigenes Üben und im eigenen Alltag gut anwenden. Du selber kannst es in verschiedenen Lebensphasen verwenden und zu unterschiedlichen Zeitangaben kommen.
Probiere es aus, experimentiere mit unterschiedlichen Zeitspannen und beobachte welche Version für dich am besten passt.
Und wie kommst du auf deine Übedauer? Schreib mir gerne ein Kommentar!