Fragst du dich öfters wie du den Rhythmus üben und besser hinkriegen könntest? Die kürzeste Antwort: durch Klarheit im Kopf. Es gibt einen leicht verständlichen Weg, wie du sie mühelos und nur in wenigen Minuten schaffst. Genau das lernst du in diesem Artikel.
Warum hat man überhaupt rhythmische Schwierigkeiten auf der Geige?
Rhythmus gliedert die Musik zeitlich. Dabei wechseln sich meistens kurze, lange Noten und Pausen ab. Manchmal spielt man auf dem Schlag, oft aber irgendwo zwischen zwei Schlägen. Genau dieser ständiger Wechsel von Notenwerten und Pausen verursacht für die meisten Kopfweh, die Geige oder Bratsche lernen. (Von Betonungen, Synkopen, Hemiolen und ähnlichen rhythmischen Leckerbissen haben wird noch gar nicht gesprochen…) Und das war nur die Komponente „Rhythmus“. Lagen, Fingersätze, Striche gibt es auch noch. Da ist die Frage gerechtfertigt: wie kann ich mit all dem rhythmisch Geige spielen?
Diesen Übefehler solltest du unbedingt vermeiden
Bei rhythmischen Unsicherheiten sollst du eines nie tun: immer wieder einfach loszuspielen in der Hoffnung, dass es mal klappt. Es klappt normalerweise eben nicht. Dann ärgert man sich, versucht es nochmal – und die Zeit verfliegt ohne jeglichen Fortschritt. (Welche Übefehler früher ich selbst gemacht habe, erfährst du hier.) Ohne Klarheit im Kopf über den Rhythmus wird es immer eine Frage des Glücks bleiben, ob eine Stelle rhythmisch gelingt oder nicht. Und die Klarheit muss man sich erst schaffen.
In 4 Schritten den Rhythmus verstehen
Der Ausgangspunkt ist, den Rhythmus
- zu Beginn ohne Instrument, einfach mental und
- losgelöst von anderen Komponenten des Spiels (wie Tonhöhen oder Striche) zu üben.
Wie gesagt, verläuft der Rhythmus in der Regel nicht gleichmäßig. Am leichtesten kriegst du ihn unter Kontrolle, wenn du ihn mit einem gleichbleibenden System vergleichst und strukturierst. Hier bieten sich die Schläge an.
Schritt 1: Sich die Bedeutung der Taktangabe klarmachen
Um mit den Schlägen arbeiten zu können, musst du wissen, wo diese sind. Falls nötig, beschreibe genau, was die Taktangabe konkret bedeutet. Das folgende Beispiel ist im Dreivierteltakt.
Die zwei Ziffern am Anfang der Notenzeile geben dir diese Informationen:
- Die untere 4 steht dafür, dass man in Vierteln zählt.
- Die obere 3 bedeutet, dass jeder Takt drei Viertelnoten hat (oder so viele unterschiedliche Noten und Pausen, dass in Summe drei Viertelnoten herauskommen).
Insgesamt sucht man also drei Schläge pro Takt. Jeder Schlag dauert ein Viertel.
Ch. Bériot: Scène de ballet
Schritt 2: Die Schläge markieren
Finde in jedem Takt die drei Schläge. Wenn es noch nicht automatisch geht, kein Problem! Markiere jeden Schlag mit einem kleinen vertikalen Strich über der Pause oder dem Ton, der beim Schlag erklingt. Damit teilst du dir jeden Takt voller Noten in kürzere, überschaubare Teile ein. Du beginnst beim allerersten Ton und gehst ganz mathematisch vor.
Ist der erste Ton…
- ein Viertel, so dauert es genau so lang wie der Schlag. Die Dauer des Schlages wurde quasi verbraucht. Der nächste Strich kommt also automatisch beim nächsten Ton oder bei der nächsten Pause.
- kürzer als ein Viertel, musst du jedes Mal ausrechnen, wie viele Töne noch während des ersten Schlags erklingen. Hast du den ersten Schlag „aufgefüllt“, kann der zweite Schlag mit dem 2. Strich gekennzeichnet werden.
- länger als ein Viertel, musst du wieder ausrechnen, wie viele Schläge lang er klingt. Die Schläge, die dieser Ton (ganz oder zum Teil) in Anspruch nimmt, noch über dem Ton eintragen. So kann das ganze dann aussehen:
Jetzt siehst du
- den nicht gleichbleibenden Rhythmus in den Noten und
- bei welchen Tönen die Schläge kommen, über den Notenzeilen.
Damit hast du ein bombensicheres Bezugssystem hergestellt.
Schritt 3: Die zwei Systeme miteinander verbinden
Klatsche die Schläge gleichmäßig, während du den Rhythmus dazusprichst oder dazusingst.
- Jeden Ton, egal wie lang er ist, auf die gleiche, beliebige Silbe, z.B. „La“ oder „“Ta“.
- Mach dir die Verknüpfungspunkte zwischen den zwei Systemen bewusst. Hier helfen die schlagmarkierenden Striche visuell extrem viel.
- Mach ein paar Durchläufe so, ohne Instrument.
Schritt 4: Den Rhythmus am Instrument üben
Nun kannst du die bearbeitete Stelle schrittweise wieder in den ursprünglichen Kontext einbauen. Einige von sehr vielen Übemöglichkeiten dafür sind:
- Nur diejenige Töne spielen, die auf dem Schlag kommen. Töne zwischen den Schlägen zuerst auslassen. Trotzdem im Tempo bleiben. Damit stärkst du das Gefühl für den zeitlichen Verlauf.
- Den Rhythmus auf einem einzigen Ton, ohne Bindungen und ohne mit den linken Fingern zu greifen, alles hin und her spielen.
- „Das Radio auf und abdrehen“: Bei dieser Übung spielst du nur die identischen rhythmischen Figuren. Hast du z.B. häufiger Achteltriolen, dann spiel nur diese Triolen, lass alles andere weg. Denk und spiel aber währenddessen im Kopf im Tempo weiter. Steig wieder genau dann ein, wo die nächste Triole drankommt.
Die Vorteile, den Rhythmus mit dieser Methode zu lernen
Klar, es braucht etwas Zeit, die Schläge in den Noten zu markieren. Sie führen dich aber zu einem stabilen Ergebnis. Ausserdem sichert dir diese Methode
- Zeitersparnis: Statt eine Stelle zehnmal planlos zu wiederholen und nicht weiterzukommen investierst du lieber 5 Minuten in die Organisation und dann sitzt es.
- Energieersparnis: Wenn du es schaffst, unnötige, nutzlose Wiederholungen zu vermeiden, sparst Du Kraft und sparst deine wertvolle Konzentration für andere Stellen auf.
- Motiviation: Durch die fokussierte Arbeit kommst du schneller zu Erfolgserlebnissen und bleibst motiviert. Juhu!
- Selbständigkeit: Du kannst den Rhythmus immer an die Schläge anpassen, bzw. mit den Schlägen den Rhythmus kontrollieren. Keine Bestätigung oder Überprüfung von aussen ist notwendig und du bist sicher ob der Rhythmus, den du spielst, richtig ist.
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