„Falsch, passt gar nicht, klingt schlecht, zu hoch oder zu tief!“ Wenn du dir vorgenommen hast, Violine zu lernen, schiessen diese Wörter wahrschienlich immer wieder durch deinen Kopf. Kein Wunder, denn Intonation ist eine der grössten Herausforderungen bei Streichinstrumenten. Diese Übungen helfen dir, sauberer Geige zu spielen.
Voraussetzungen für ein erfolgreiches Üben der Intonation
- Alle Saiten müssen unbedingt gut gestimmt sein.
- Du sollst bereit sein, geduldig und konzentriert zu üben.
- Deine Umgebung soll ruhig und ungestört sein.
Wie besserst du einen falschen Ton aus
Im Prinzip ist es ein einfacher physicher Optimierungsvorgang, den du dir grob so vorstellen sollst:
1. Den Ton vorstellen
Wenn du von zu Hause weggehst, musst du ja auch konkret wissen wohin du möchtest, sonst irrst du nur durch die Strassen. Die Tonhöhe im inneren Gehör präzise vorzustellen ist genauso entscheidend. Ohne diese klare Tonvorstellung kannst du dir auch nicht sicher sein ob der Ton stimmt oder nicht. Logischerweise kannst du es dann auch nicht ausbessern.
2. Den Ton spielen
Du kannst den Ton spielen und ihn beliebig oft wierholen, bis du es analysieren kannst.
Halte ihn lang aus, am besten als halbe oder ganze Note.
Streiche dabei mit dem Bogen parallel zum Steg, mit gleichmäßiger Geschwindigkeit und Kontakt zur Saite, sonst kann sich die Tonhöhe verändern.
Auf Vibrato solltest du beim Üben der Intonation prinzipiell verzichten. Beim Vibrieren wird die Tonhöhe leicht, aber ständig verändert, also kannst du genau das nicht gut hören, was du hören willst.
3. Zuhören…
und zwar sehr aufmerksam! Du musst gleich über die gehörte Tonhöhe selber eine Feststellung formulieren können. Es bestehen immer nur drei Antwortmöglichkeiten, nicht mehr und nicht weniger. Entweder passt der Ton genau perfekt oder ist er zu tief bzw. zu hoch.
4. Ausbessern
Ist der Ton zu tief, musst du höher (näher zu deiner Nase) greifen. Ist er zu hoch, musst du tiefer (näher zur Schnecke) greifen. Wie?
Stell dir vor, wie sich eine Raupe fortbewegt. Du lässt den Finger am besten liegen und verschiebst du ihn sanft, ohne viel Druck der Saite entlang. Während dieser „Wurmbewegung“ sollst du mit dem Bogen ununterbrochen und gleich schnell streichen. Dadurch kannst du hören wie sich die Tonhöhe verändert und den Zeitpunkt erwischen in dem der Ton schön sauber geworden ist.
Mit diesen Übungen wird deine Intonation besser
1. Ton für Ton abwechselnd singen und spielen
Um sauber spielen zu können, muss deine Vorstellung über die Tonhöhe im inneren Gehör sehr klar sein. Ist das noch nicht gegeben, musst du eben zuerst unbedingt an der Vorstellung arbeiten. Direkt auf dem Instrument herumzuprobieren ist verschwendete Zeit bzw. selbst gut getroffene Töne sind eher dem Zufall und dem Glück zu verdanken. (Über andere Übefehler kannst du hier weiterlesen.)
Du wirst in dieser Übung nach jedem Ton deiner Melodie Pausen einschieben und während du singst, mit deinem Bogen auf der Saite einfach stehen bleiben und warten.
Ton 1 singen – Ton 1 spielen (Abstrich)
Ton 2 singen – Ton 2 spielen (Aufstrich) usw…
2. Die Melodie zuerst singen, dann spielen
Hier machst du die vorige Übung auf längeren Strecken: mit zwei Takten, einer Phrase, einer ganzen Periode oder einem längeren Abschnitt.
3. Wenn möglich, zuerst am Klavier, dann auf der Violine spielen
Wenn du schüchtern bist oder ungern singst und ein (gut gestimmtes) Klavier oder ein Keyboard hast, mach die ersten zwei Übungen statt Gesang damit.
4. Töne mit leeren Saiten ausstimmen
Gut gestimmte leere Saiten sind tolle, ehrliche Referenztöne, mit denen man sich vergewissern kann, ob ein gegriffener Ton sauber ist. Als AnfängerIn kann man diese Übung in jeder Tonart, dh. bei verschiedenen Vorzeichen, verwenden. (Fortgeschrittene müssen je nach Tonart entscheiden ob die Übung in der jeweiligen Tonart sinnvoll ist bzw. welche Saite als Vergleichston zweckdienlich ist.)
Bei dieser Übung streichst du zwei Saiten zusammen. Stimmst du z.B. das zweigestrichene D in der ersten Lage auf der A-Saite mit dem 3. Finger aus, muss dein Bogen mit der D und A-Saite guten Kontakt haben und beide zum Klingen bringen. Pass auf, dass du mit dem 3. Finger die leere D-Saite nicht berührst, sodass sie frei und ungestört schwingen kann. Das Intervall, das so zu hören ist, ist eine reine Oktave. Es eignet sich optimal zur Kontrolle der Intonation.
Andere Töne, die mit der leeren D-Saite andere Intervalle bilden, kannst du aber mit dem gleichen Prinzip genauso effizient „ausputzen“. Z.B. das eingestrichene D in der ersten Lage auf der G-Saite mit dem 4. Finger. Du musst genau den gleichen Ton zweimal hören, einmal gegriffen, einmal als leere Saite.
Tipp 1: Das Stimmgerät nur mit Vorsicht geniessen!
Gute Intonation auf der Violine mit Stimmgerät zu üben ist eine tolle Möglichkeit. Ich rate AnfängerInnen jedoch davon ab, beim Üben die ganze Zeit das Stimmgerät zu benutzen. Beim Geigenspiel sollte man auf langfristige Entwicklung setzen, sich immer mehr an Selbstständigkeit gewöhnen. Damit meine ich, einzelne Probleme selber erkennen, erklären und lösen zu können. Ein unglaublich breitgefächertes, spannendes und essenzielles Thema für Streicher.
Nun, das Stimmgerät serviert die Lösung auf das Intonationsproblem sofort auf einem silbernen Tablett. Man bekommt ein klares Signal vom Gerät ob es einen zu tief oder zu hoch intonierten Ton registriert hat. Der Spieler wird dadurch vom Zuhören und Mitdenken „befreit“. Die psychologische Gefahr dabei bedeuten die schnelle Erfolgsmomente, die man ohne Anstrengung erleben kann. Sie sind angenehm, motivierend.
In Wirklichkeit wird aber der Spieler durch zu viel Üben mit dem Stimmgerät stark davon abhängig, hört weniger zu, denkt weniger mit. Das hindert den Ausbau einer selbstständigen, reflektierten Arbeitsweise. Lässt du dich am Anfang durch das Gerät „verwöhnen“, läuft es zwar in den ersten Monaten schneller und angenehmer, aber in ein paar Jahren sind deine Fortschirttsmöglichkeiten langsamer, unselbstständiger und eingeschränkter.
Tipp 2: Beschäftige dich mit Gehörschulung und Musiktheorie!
Ohne Stimmgerät musst du im Moment deinen Kopf und dein Gehör deutlich intensiver anstrengen. Trotzdem lohnt es sich auf Dauer zu lernen, die Hände durch das Gehör leiten zu lassen. Später wirst du schneller, eigenständiger neue Stücke lernen, verstehen und alleine üben können. In einem Ensemble kommst du garantiert besser mit, spielst sicherer vom Blatt und hast allgemein mehr Spaß beim Geigenspiel.
Dafür muss man das Gehör zusätzlich schulen und den Kopf mit Musiktheorie (Intervalle, Dreiklänge und weitere Akkordtypen,Tonarten,u.a.) immer weiter „füllen“. Es kostet zusätzlich etwas Zeit und Energie, ist aber ein an sich faszinierendes System. Diese Investititon ist für deinen Fortschritt mit der Violine viel wert, das kann ich dir versprechen!
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